Gerald Brosseau Gardner,
Ein biographischer Auszug
Gerald Gardner wurde am 13. Juni 1884 in der kleinen Stadt Blundellsands nahe Liverpool als dritter von vier Söhnen einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie geboren. Da er unter Asthma litt, entschlossen sich seine Eltern ihn mit einem Kindermädchen durch Europa auf Reisen zu schicken. Er sollte in ein wärmeres Klima kommen, damit sich sein Gesundheitszustand bessere. Nach einigen Jahren heiratete dieses Kindermädchen und zog nach Ceylon. Gerald Gardner reiste mit und wurde in Cylon Besitzer einer Tee-Plantage. Mit dem Verdienst aus dem Teehandel und den Einnahmen als Kolonialbeamter und Gummiproduzent war es ihm möglich ein Interesse zu finanzieren, das ihn schon seit seiner Jugend beschäftigt, die Archäologie.
Da Gardner auch noch der Überzeugung war, von einer Hexe abzustammen, interessierte er sich schon immer für Hexerei und Magie. Von Ceylon zog es ihn nach Malaysia, wo er alte Kulturen studierte, besonders ihre magischen Riten und speziell die Benutzung von magischen Waffen. Am Schluss seiner Zeit im Fernen Osten brachte er ein Buch über magische Waffen unter dem Namen "Keris and other Malay Weapons" 1936 heraus. Zu dieser Zeit traf er seine zukünftige Frau Donna, mit der er bis zu ihrem Tod 1960 lebte.
Im Jahre 1936, imit 52 Jahren, ging Gardner mit seiner Frau Donna nach England zurück. Einer seiner vielen kleinen Reisen durch Europa führte ihn auf die Insel Zypern. Die Insel faszinierte ihn so, dass er annahm, sie aus einem früheren Leben zu kennen. Mit dieser Bindung widmete er ihr sein zweites Buch "A Goddess Arrives" 1939, das unter dem Pseudonym "Scire" veröffentlicht wurde und sich als Roman um die Göttin Aphrodite auf Zypern drehte. Zurück in England, ließ er sich um New Forest in Hampshire nieder, erkundete die Gegend und ihre Geschichte, dabei stieß auf eine kleine Gruppe von rosenkreuzerischen Freimaurern, eine Art der Freimaurerei, bei der auch Frauen zugelassen waren, die "Rosicrucian Order Crotona Fellowship", deren Mitglieder sich regelmäßig in einem Theater in der näheren Umgebung trafen. Die Leiterin dieser Gruppe war Mabel Besant-Scott, einer Tochter der Theosophin und Frauenrechtlerin Annie Besant. Gardner wurde bei dieser Gruppe Mitglied und schrieb ein paar kleine Bühnenstücke mit okkultem und spirituellem Inhalt. In dieser Gruppe konnte er vermutlich Dorothy Clutterbuck, wie sie später genannt wurde "Old Dorothy", kennen lernen. Von Dorothy Clutterbuck wird behauptet, dass sie das Oberhaupt eines geheimen Erbhexen-Coven, Hereditary Witches, dem New Forest Coven, gewesen sei, in den Gardner anscheinend 1939 initiiert wurde. Dieses Ereignis ist umstritten, weil Old Dorothy sehr wohl existierte, wie Doreen Valiente und andere nachgewiesen haben, ihren Interessensmittelpunkt weniger mit okkulten, sondern mehr mit gesellschaftlichen Themen füllte. In ihren Tagebüchern konnte keine Verbindung zum Hexenkult gefunden werden. Als bestehende Möglichkeit könnte sie ein Doppelleben geführt haben, aber auch dafür gibt es keine Beweise. Sie reiht sich ein Gruppe von mysteriösen Personen zur Gründung okkulter Gruppen nahtlos zusannen. Beim Hermetic Order of the Golden Dawn Anna Sprengel, bei der Societas Rosicruciana Anglia Graf Apponyi. Der New Forest Coven könnte ein Ableger des höchst mysteriöseren Nine Coven's von Old George Pickinghill gewesen sein, dennoch, alle diese Theorie sind genauso umstrittener wie Old Dorothy.
Ab 1946 konzentrierte sich Gardner darauf ein Museum zu gründen und erwarb dafür extra ein Stück Land, um darauf ein "Hexenhaus" zu rekonstruieren; leider kam es nie zu einer Museumseröffnung. Er wollte über das Museum eine Gruppe Studenten beschäftigen, die in der Folklore Society Mitglied sein sollten. Bei der Folklore Society war er seit 1939 Mitglied und über die er Margaret Murray kennen lernte. Durch das Austesten alter Rituale im Rahmen des Museums wollte er neue Mitglieder für seinen Coven gewinnen. Auch diese Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. Sein Versuch mit einer Freundin eine Firma "Ancient Crafts" zu eröffnen, um anschließend einen Nudistenclub zu erwerben, funktionierte auch nicht vollständig, denn er konnte nur die Hälfte des Hauses kaufen. Später wurde ihm die andere Hälfte von Cecil Williamson, einem Freund, gekauft. Unter dem magischen Namen "Dafo" ist Edith Woodford-Grimes wenig später als seine erste Hohepriesterin iniziirt worden. Mit ihr leitete er dann auch ab Mai 1951 seinen ersten nachgewiesenen Coven, den Northern Coven oder später Bricket Wood Coven, der das Gegenstück zum Southern Coven, also dem New Forest Coven, darstellen sollte. Somit war der moderne Hexenkult geboren. Gardner wohnte zu diesem Zeitpunkt schon im Nudistenclub und in dem Haus wurden auch alle wichtigen Treffen und Rituale des Covens abgehalten.
Als er einiges Material über Folklore und magische Riten gesammelt hatte, veröffentlichte er seinen zweiten Roman "High Magic's Aid" 1949, der in einer fiktiven Rahmenhandlung die Grundzüge der Gardnerianischen Tradition darlegte. Dieser erneut unter dem Pseudonym "Scire" geschriebene Roman schildert die Ideen von Hexerei in der Allgemeinheit. 1951 kam es dann zur Aufhebung der Witchcraft Acts, dem Verbot, Hexerei zu betreiben. Schon bald danach eröffnete Cecil Williamson das "Museum of Magic and Witchcraft" in Castletown auf der Isle of Man. Da Williamson die finanziellen Mittel fehlten, wurde Gardner Direktor und bekam schon bald den Titel "Resident Witch", ansässige Hexe. Nachdem der Museumsgründer weitere finanzielle Engpässe hatte kaufte Gardner das Museum ganz und stattete es mit seinen gesammelten Artefakten und mit Beständen von Williamsons aus. Durch dieses Museum konnte die Hexerei immer mehr und mehr in der Öffentlichkeit bekannt werden. Gardner bekam dadurch auch Kontakt zu Doreen Valiente.
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte Gardner über die Bekanntschaft zu Arnold Crowther 1947 Aleister Crowley kenengelernt. Mit Crowley traf sich Gardner drei Mal und ließ sich im Ordo Templi Orientis (O.T.O.) in den siebten Grad initiieren. Dann erhielt Gardner von Crowley eine Urkunde, die ihn dazu bemächtigte, einen eigenen Ableger des O.T.O. zu gründen, der im niedrigsten Grad des O.T.O. ausbilden durfte. Zur vollständigen Etablierung des Ordens kam es wieder nicht, da sich nicht genügend Mitglieder fanden. Nach dem Tod Crowleys 1947 wurde Gardner als sein Nachfolger als Kopf des O.T.O. gehandelt. Obwohl er sich auch als solcher auch gern gesehen hätte, verflüchtigten sich die Gerüchte und Gardner verlor das Interesse an diesem Orden.
1953 traf Gardner dann Doreen Valiente, die er auch in seinen Coven initiierte. Der Coven bestand damals aus acht bis zehn Mitgliedern. Valiente entüuüüte sich als eine seiner größten Helferinnen, denn sie überarbeitete mit ihm sein Buch der Schatten (BoS). Es ist ebenfalls ihr zu verdanken, dass ein Großteil des Materials von Crowley in der alten Ausgabe des BoS durch Texte des Göttinnenkults ersetzt wurde. Viele heute bekannte prosaische Texte des Wicca, wir zum Beispiel die Charge, stammen von ihr. Doreen Valiente und Gardner erarbeiteten die Praxis, die heute als Gardnerian Wicca bekannt ist. Gardners nächstes Buch sollte das erste über Hexerei sein, das unter seinem eigenen Namen erschien ist und den Titel trug "Witchcraft Today" 1954. Dieses Werk ist auch das erste nicht fiktive Buch über lebendige, moderne Hexerei. Er schrieb es gemeinsam mit Ross Nichols, dem Gründer des "Order of Bards, Ovates and Druids". Gardner war außerdem Mitglied im "Ancient Druid Order", einem Druidenorden, bei dem Nichols auch Mitglied war. Das Buch ist eine anthropologische Betrachtung über die Überbleibsel der Religion der Großen Göttin und ihres Gefährten in der Geschichte der Menschheit. Durch die Veröffentlichung rückte Gardner aktuell vollends in das Licht der Öffentlichkeit und gab eine Menge Interviews in kleinen Zeitungen.
Gardner liebte rs im Mittelpunkt zu stehen, das Rampenlicht und seine extremen Ansichten über die rituelle Nacktheit und die regelmäßige Vollführung der sexualmagischen Riten. Diese doch sture Ansicht führte zum Zerwürfnis mit seinem Coven, dessen Mitglieder seine Ansichten nicht mehr teilen wollten. 1957 verließen Doreen Valiente und andere Mitglieder den Coven, was Gardner aber nicht von seiner Linie abbrachte und ein weiteres, sein letztes Buch, "The Meaning of Witchcraft" 1959, zu veröffentlichen.
Gardner initiierte unter anderem Patricia Dawson, die seinen alten Freund Arnold Crowther initiierte; beide sollten später die Tradition weiterführen. 1960 starb seine Ehefrau Donna, die selber nie an seinem Kult teilnahm, ihm jedoch immer beistand. Eine letzte bedeutende Aktion in Gardners Leben war die Initiation von Raymond Buckland. Buckland war der, der Wicca in die Vereinigten Staaten brachte. Unterstützt wurde er durch seine damalige Hohepriesterin Monique Wilson.
Seinen Erfolg mit Wicca sollte Gardner nicht mehr miterleben, denn er starb auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer am 12. Februar 1964. Gardner gilt als der Vater des modernen Hexenkults und ist ohne Zweifel der Gründer von Wicca, so wie wir es heute kennen.
Quellen:
[1] Ronald Hutton "The Triumph of the Moon"
[2] Gerald B. Gardner "Witchcraft Today"
[3] Morgan Davis "From Man to Witch, Gerald Gardner 1946-1949"