Das Urbild der Schlange in der Mythologie

15.03.2020

In vielen Kulturen finden wir die Schlange mit einer bedeutenden Rolle in der Mythologie. Später sind sie dann in die Sagen eingezogen. In vielen Darstellungen wird der Begriff Schlange dabei identisch mit den Begriffen Drache und Ungeheuer.
In den frühen Kulturen war die Schlange wesentlich eher ein Fruchtbarkeitssymbol als eine erschreckende Gestalt. Sie stand für die alles erschaffende, nährende Göttin und wurde mit dem Leben generell in Verbindung gebracht. Sie galt sowohl einmal als weibliches Symbol und andererseits als Phallussymbol. Die Menschen sahen dass sich die Schlange ständig erneuert, so wie sich die Göttin stets verwandelt, so wie die Frau ständig mit dem Menstruationszyklus Erneuerung erfährt, so erneuert sich die Schlange durch ihre Häutung.

So kennen wir Mysterien, die dem Mann allgemein verborgen bleiben. Früher glaubte man, die Schlange sei unsterblich. Die GriechInnen nannten ihre abgelegte Haut geras, Altersschwäche. Diese Deutungen haben die Schlange auch mit der Unterwelt in Verbindung gebracht. Sie wurde mit dem Schoß der Göttin und dem Tod in Verbindung gebracht. Damit verbunden war auch die Verbindung mit der Wiedergeburt und so galt die Schlange als Hüterin der Mysterien um Leben, Tod und Wiedergeburt im Sinne von Erneuerung.
In der babylonischen Mythologie ist die Schlange Tiamat die Urgöttin und Mutter der Welt. Ihr Name bedeutet Meer oder auch Salzwasser. Sie wird ebenfalls als Drache oder Ungeheuer bezeichnet, wird auch schlangenartig dargestellt und stellt die Personifikation des Salzwassers und des Chaos dar.

Ihr Gemahl Apzu verkörpert das Prinzip des Süßwassers. Die beiden haben vor Urzeiten die erste Generation der Göttern gezeugt. Da die jungen Götter die beiden störten und ihrem Gemahl in seiner Ruhe belästigte versuchte Apzu seine eigenen Kinder und Enkel zu töten. Dabei wurde er allerdings vom jungen Gott Ea/Enki selber getötet. Tiamat schwört nun Rache und findet ebenfalls den Tod durch die Hand Marduks, des Sohnes von Ea/Enki. Aus ihrem Körper erschafft er dann denn Himmel und die Erde, wodurch Tiamat vollkommen zur Mutter Erde wird.

In diesem Mythos spiegelt sich sehr deutlich das Bestreben der jüngeren Generationen wieder, einerseits die vorangegangenen Generationen zu überwinden und andererseits den Platz zu gestalten um Entwicklung zu ermöglichen.
Das Orakel von Delphi, ein berühmter Pilgerort mit Orakel-Stätte im alten Griechenland, steht ebenfalls mit der Schlange in Zusammenhang. Seine weissagende Hohepriesterin war die Pythia, die wurde nach der Python benannt. Die Pythia entstand aus der Vereinigung der Ur-Mutter Gaia mit dem Schlamm, der nach dem Goldenen Zeitalter von der Welt übrig geblieben war. In diesem Mythos rächte sich Apollon für einen einstmals verübten Anschlag auf seine Mutter Leto an Python. Er tötete den Drachen und entriss Delphi vom griechischen delphos, der Gebärmutter abgeleitet, der Gaia. Damit wurde er anschließend selbst Schutzherr des Ortes von Delphi. Durch das vom Tod der Python vergossene Blut übertrugen sich die hellseherischen Kräfte der Schlange auf das Heiligtum von Delphi. Wieder wird die Schlange mit der Großen Göttin, der Mutter Erde, in direkter Verbindung gebracht. Aber auch ihre Eigenschaft als weises Wesen wird deutlich eingebracht.
Interessant ist auch die Verbindung der griechischen Göttin Lamia, die Verschlingerin, die zeitweise auch als Schlange mit der babylonischen Lamashtu und auch mit Lilith auftritt. In dieser Kombination erfuhr das Bild der Schlange erstmals eine deutliche Veränderung zum Negativen. Denn wie Lamashtu und Lilith war Lamia die Göttin des Kindbettfiebers und der Säuglingskrankheiten. Lamia raubt und tötet die Kinder anderer Mütter, da sie selbst den Schmerz über den Verlust ihres eigenen Kindes austragen wollte. Lamashtu verkörperte als Göttin oder besser Dämonin des Kindbettfiebers und steht wie Lilith für den Kindstod. Letztere wurde von Gott damit gestraft, dass sie für jedem Kind, dem sie zu nahe kommt, den Tod bringt.
Lilith galt als Adams erste Frau im Paradies. Adam jedoch erwartete von ihr, sie müsse beim Sex immer unten lag. Dies deshalb, weil sie die Erde und er der Himmel sei. Daraufhin floh sie aus dem Paradies. Vom Paradies aus kam sie ans Rote Meer und verkehrte dort lieber mit Dämonen, anstatt sich dem Willen Adams zu unterwerfen.

Zu dieser Zeit gebar sie fortan hunderte Kinder jeden Tag. Um sie zur "Vernunft" zu bringen schickte ihr Gott eine ganze Menge Engel nach, um sie zur Rückkehr ins Paradies zu bewegen, doch sie wollte nicht mehr zu Adam zurückkehren. Daraufhin strafte Gott Lilith indem sie von nun an jedem Kind, dass sie traf den Tod bringen müsse und erschuf für Adam die zahmere Eva.

Laut der Geschichte, die wir sicher kennen, kam der Teufel in Gestalt wieder einmal einer Schlange zu Eva, um sie zu verführen mit Adam vom Baum der Erkenntnis zu naschen.

In feministischen Kreisen ist die ältere, jüdische Version beliebte. In der Version ist es Lilith, die als Schlange verkleidet zu Eva ins Paradies kommt, um sie aus der Unterdrückung des Adam zu befreien.

Gerade an dieser Stelle zeigt sich deutlich, wie stark die christliche Mythologie von der mesopotamischen Kultur beeinflusst wurde. Die sumerisch-babylonische Göttin Lilith wurde später zur Dämonin degradiert, obwohl sie erheblich älter als das Christentum ist. Im Christentum war die Schlange grundsätzlich negativ belegt. Im Gegensatz dazu wurde sie in vielen älteren Kulturen als heilig und weise gesehen, im Christentum jedoch verteufelt und durch ihren Part am Sündenfall von den Menschen zum Symbol des Bösen schlechthin gemacht. Es gibt verschiedene Versionen der Geschichte des Sündenfalls und wahrscheinlich noch mehr Interpretationen.

Die allgemein bekannteste dürfte die sein, nach der sich Adam und Eva nach dem Genuss des Apfels vom Baum der Erkenntnis ihrer Nacktheit zu schämen begannen. Sie entdeckten ihr Geschlecht und damit ihre Sexualität. Dieser Umstand dürfte dazu geführt haben, dass sie Gott selber daraufhin aus dem Paradies verdammte und bestrafte das Weib, das mit dem Vorfall die Ursünde über die Menschen brachte. Die Strafe sollte sein, dass sie von nun an unter größten Mühen und Schmerzen Kinder gebären müsse.
Eine andere Version überliefert die Geschichte, dass Adam und Eva erkannten, dass sie sterblich waren. Neben dem Baum der Erkenntnis befand sich der Baum des Lebens. Da sie schon mit dem ersten Apfel die Gebote gebrochen haben wollte Gott verhindern, dass die beiden ersten Menschen von dessen Früchten aßen um somit dem Tod zu entrinnen. Er wollte damit auch vermeiden, dass sie ihm ebenfalls zu ähnlich wurden, deshalb verbannte er sie kurzerhand aus dem Paradies und entzog damit den Baum des Lebens ihrem Zugriff.
Als eine weitere Version kann die Natur-Religiöser Sicht gesehen werden. Hierbei entdeckten Adam und Eva in beiden anderen Versionen betrachtet nichts Negatives, denn sowohl Sexualität als auch Tod sind wichtige Bestandteile des Lebens.
Die Schlange wurde in älteren Zeiten wegen ihrer unergründlichen Weisheit auch mit Heilung in Verbindung gebracht. Schlangen haben die Eigenschaft. Sich um Stäbe zu winden und so winden sie sich auch um den Stab des Asklepios, den griechischer Gottes der Heilkunde. Noch heute benutzen Apotheken und Ärzte dieses Symbol. Der Gott Asklepios erlernte die Heilkunde nach der Sage beim weisen Kentauren Cheiron.

Rom erreichte der Aeskulap- Kult, nachdem der Gott Asklepios wegen einer Pest im Jahre 293 v. Chr. die Stadt in Gestalt einer Schlange besuchte und damit retten konnte. In den zahlreichen Tempeln, zu ehren des Gottes Asklepios zu denen die Kranken scharenweise pilgerten, hielt man lebende Äskulapnattern, jene Schlangen, die sich um den Stab des Asklepios winden.
Die Hermetik kennt das Bild des Ouroboros aus dem griechischen oura, Schweif und boros, als Rad dargestellt und sich selbst verschlingend. Dieses Bild stellt eine Schlange dar, die sich zu einem Rad zusammengerollt in den eigenen Schwanz beißt und ein weit verbreitetes archaisches, einer vorklassischen Epoche, Archaik angehörend, darstellt. Die Schlange war das alchemistische Symbol der sich wandelnden Materie. Aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund ihrer Fähigkeit zur Häutung.
Die Schlange kann mit ihrem Körper einen Kreis bilden, sie ist also ein Symbol für die Unendlichkeit, die ständige Wiederkehr und die Vereinigung der dualen Gegensätze. Sie zeigt, dass jedes Ende einen Neuanfang verbirgt, einen Kreislauf beinhaltet. Das zeigt sich z.B. in den Mondphasen, im Leben- Sterben- Wiedergeburt- Rhythmus und in den Jahreszeiten.
In der germanische Mythologie ist das Prinzip des Ouroboros als Welten- Schlange Jörmungandr, Erd- um- Gürtlerin bekannt. Dieses als Ungeheuer imponierende Wesen wurde von einer Riesin geboren und von dem Göttergeschlecht der Asen letztlich ins Meer verbannt. Die Asen vermuteten, dass von Jörmungandr schlechtes ausgehen würde und da sie damit Übles für ihre Kinder befürchteten. Nun liegt die Schlange im Ozean und beißt sich in den eigenen Schwanz. Dabei umspannt sie die Menschenwelt Midgard, deshalb wird sie auch Midgardschlange genannt. Sie ruht dort und soll am Ende der Zeit ihrem Erzfeind Thor im Kampfe gegenüber treten. Bis zu diesem Zeitpunkt bildet sie die äußere Begrenzung der Welt. Jörmungrundr ist ein alter poetischer Name für die Erde, damit ist wieder eine Verbindung zur Ur-Mutter und dem Anbeginn der Zeit gegeben.

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