Das Urbild der Schlange in der Mythologie
In
vielen Kulturen finden
wir
die Schlange mit
einer
bedeutenden
Rolle in der Mythologie. Später
sind
sie dann
in
die
Sagen eingezogen.
In
vielen Darstellungen
wird
der Begriff Schlange dabei identisch mit den Begriffen Drache und
Ungeheuer.
In den frühen Kulturen war die Schlange wesentlich
eher
ein Fruchtbarkeitssymbol als
eine erschreckende Gestalt.
Sie stand
für
die
alles erschaffende, nährende Göttin und
wurde mit dem Leben generell in
Verbindung gebracht. Sie galt sowohl
einmal
als
weibliches Symbol und
andererseits als Phallussymbol.
Die
Menschen sahen dass sich die Schlange ständig erneuert, so
wie sich die Göttin stets verwandelt,
so wie die Frau ständig mit
dem
Menstruationszyklus Erneuerung
erfährt,
so erneuert sich die Schlange durch ihre Häutung.
So
kennen wir
Mysterien, die dem Mann allgemein
verborgen
bleiben. Früher glaubte man, die
Schlange
sei unsterblich. Die GriechInnen nannten ihre abgelegte Haut geras,
Altersschwäche. Diese
Deutungen
haben
die Schlange auch mit der Unterwelt in
Verbindung gebracht. Sie wurde mit
dem Schoß der Göttin und dem Tod in Verbindung gebracht. Damit
verbunden war
auch die
Verbindung mit
der Wiedergeburt und so galt die
Schlange
als Hüterin der Mysterien um Leben, Tod und Wiedergeburt
im Sinne von Erneuerung.
In der babylonischen Mythologie ist die
Schlange Tiamat
die Urgöttin und Mutter der Welt. Ihr Name bedeutet
Meer oder auch Salzwasser. Sie wird ebenfalls
als
Drache oder Ungeheuer bezeichnet, wird auch
schlangenartig dargestellt und stellt
die Personifikation des Salzwassers und des Chaos dar.
Ihr Gemahl Apzu verkörpert das Prinzip des Süßwassers. Die beiden haben vor Urzeiten die erste Generation der Göttern gezeugt. Da die jungen Götter die beiden störten und ihrem Gemahl in seiner Ruhe belästigte versuchte Apzu seine eigenen Kinder und Enkel zu töten. Dabei wurde er allerdings vom jungen Gott Ea/Enki selber getötet. Tiamat schwört nun Rache und findet ebenfalls den Tod durch die Hand Marduks, des Sohnes von Ea/Enki. Aus ihrem Körper erschafft er dann denn Himmel und die Erde, wodurch Tiamat vollkommen zur Mutter Erde wird.
In
diesem Mythos spiegelt sich
sehr
deutlich
das Bestreben der jüngeren Generationen wieder, einerseits
die
vorangegangenen Generationen zu überwinden und andererseits
den Platz zu gestalten um Entwicklung
zu ermöglichen.
Das Orakel von Delphi, ein berühmter
Pilgerort mit Orakel-Stätte
im alten Griechenland, steht ebenfalls mit der Schlange in
Zusammenhang.
Seine weissagende Hohepriesterin war die Pythia, die
wurde
nach der Python benannt. Die
Pythia
entstand aus
der Vereinigung der Ur-Mutter
Gaia mit dem Schlamm, der nach dem Goldenen Zeitalter von der Welt
übrig geblieben
war.
In
diesem Mythos
rächte sich Apollon für einen einstmals verübten Anschlag auf
seine Mutter Leto an Python. Er tötete den Drachen und entriss
Delphi vom
griechischen
delphos, der
Gebärmutter abgeleitet,
der Gaia. Damit
wurde er
anschließend selbst Schutzherr des Ortes von
Delphi.
Durch das vom
Tod der Python vergossene
Blut übertrugen sich die hellseherischen Kräfte der Schlange auf
das Heiligtum von
Delphi.
Wieder wird
die Schlange mit der Großen Göttin, der Mutter Erde, in direkter
Verbindung gebracht.
Aber auch ihre Eigenschaft als weises Wesen wird deutlich
eingebracht.
Interessant ist auch die Verbindung der griechischen Göttin
Lamia, die
Verschlingerin, die zeitweise
auch
als Schlange mit der babylonischen Lamashtu und auch mit Lilith
auftritt.
In
dieser Kombination
erfuhr das Bild der Schlange erstmals
eine deutliche Veränderung
zum Negativen. Denn wie Lamashtu und Lilith war Lamia die
Göttin des Kindbettfiebers und der Säuglingskrankheiten. Lamia
raubt und tötet die Kinder anderer Mütter, da
sie selbst den
Schmerz über den Verlust ihres eigenen Kindes austragen
wollte.
Lamashtu verkörperte
als Göttin oder besser
Dämonin
des Kindbettfiebers und steht wie Lilith für den Kindstod. Letztere
wurde von Gott damit gestraft, dass sie für jedem Kind, dem sie zu
nahe kommt, den Tod bringt.
Lilith galt
als
Adams erste Frau im Paradies. Adam
jedoch
erwartete von ihr, sie müsse
beim
Sex immer unten lag. Dies
deshalb, weil
sie die Erde und er der Himmel sei.
Daraufhin
floh sie
aus dem Paradies. Vom
Paradies aus kam
sie
ans Rote Meer und verkehrte dort
lieber mit Dämonen, anstatt
sich dem
Willen
Adams zu unterwerfen.
Zu dieser Zeit gebar sie fortan hunderte Kinder jeden Tag. Um sie zur "Vernunft" zu bringen schickte ihr Gott eine ganze Menge Engel nach, um sie zur Rückkehr ins Paradies zu bewegen, doch sie wollte nicht mehr zu Adam zurückkehren. Daraufhin strafte Gott Lilith indem sie von nun an jedem Kind, dass sie traf den Tod bringen müsse und erschuf für Adam die zahmere Eva.
Laut der Geschichte, die wir sicher kennen, kam der Teufel in Gestalt wieder einmal einer Schlange zu Eva, um sie zu verführen mit Adam vom Baum der Erkenntnis zu naschen.
In feministischen Kreisen ist die ältere, jüdische Version beliebte. In der Version ist es Lilith, die als Schlange verkleidet zu Eva ins Paradies kommt, um sie aus der Unterdrückung des Adam zu befreien.
Gerade an dieser Stelle zeigt sich deutlich, wie stark die christliche Mythologie von der mesopotamischen Kultur beeinflusst wurde. Die sumerisch-babylonische Göttin Lilith wurde später zur Dämonin degradiert, obwohl sie erheblich älter als das Christentum ist. Im Christentum war die Schlange grundsätzlich negativ belegt. Im Gegensatz dazu wurde sie in vielen älteren Kulturen als heilig und weise gesehen, im Christentum jedoch verteufelt und durch ihren Part am Sündenfall von den Menschen zum Symbol des Bösen schlechthin gemacht. Es gibt verschiedene Versionen der Geschichte des Sündenfalls und wahrscheinlich noch mehr Interpretationen.
Die
allgemein
bekannteste
dürfte die sein, nach der sich
Adam
und Eva nach dem Genuss des
Apfels
vom Baum der Erkenntnis ihrer Nacktheit zu schämen begannen. Sie
entdeckten ihr Geschlecht und damit
ihre
Sexualität. Dieser
Umstand dürfte dazu geführt haben, dass sie Gott
selber
daraufhin aus dem Paradies verdammte und bestrafte das Weib, das mit
dem Vorfall die
Ursünde über die Menschen brachte. Die
Strafe sollte sein,
dass sie
von nun an unter größten Mühen und Schmerzen Kinder gebären
müsse.
Eine andere Version überliefert
die
Geschichte, dass Adam und Eva erkannten, dass sie sterblich waren.
Neben dem Baum der Erkenntnis befand sich der Baum des Lebens. Da
sie schon mit dem ersten Apfel die Gebote gebrochen haben
wollte Gott verhindern, dass die beiden
ersten Menschen von dessen Früchten aßen um somit
dem
Tod zu entrinnen.
Er wollte damit
auch vermeiden,
dass sie ihm ebenfalls
zu
ähnlich wurden, deshalb
verbannte
er
sie
kurzerhand
aus
dem Paradies und entzog damit
den
Baum des Lebens ihrem Zugriff.
Als
eine weitere Version kann die
Natur-Religiöser
Sicht gesehen
werden. Hierbei entdeckten
Adam und Eva in beiden anderen
Versionen betrachtet
nichts Negatives, denn sowohl
Sexualität
als
auch
Tod sind wichtige Bestandteile des Lebens.
Die Schlange wurde
in älteren Zeiten wegen
ihrer unergründlichen Weisheit auch mit Heilung in
Verbindung gebracht.
Schlangen
haben die Eigenschaft. Sich um Stäbe zu winden und so
winden
sie sich auch
um
den Stab des Asklepios, den
griechischer
Gottes der Heilkunde. Noch heute benutzen Apotheken und Ärzte dieses
Symbol. Der Gott Asklepios erlernte die Heilkunde nach
der Sage
beim weisen Kentauren Cheiron.
Rom
erreichte
der Aeskulap- Kult, nachdem der Gott Asklepios wegen einer Pest im
Jahre 293 v. Chr. die Stadt in Gestalt
einer Schlange besuchte und damit
retten
konnte.
In den
zahlreichen Tempeln, zu
ehren des Gottes Asklepios zu
denen die Kranken scharenweise
pilgerten,
hielt man lebende
Äskulapnattern,
jene
Schlangen, die sich um den Stab
des Asklepios winden.
Die
Hermetik kennt das Bild des Ouroboros aus
dem griechischen
oura, Schweif und
boros, als
Rad dargestellt und sich selbst verschlingend.
Dieses
Bild stellt eine
Schlange dar,
die sich zu
einem Rad zusammengerollt in
den eigenen Schwanz beißt und ein weit verbreitetes archaisches,
einer
vorklassischen Epoche, Archaik angehörend, darstellt. Die
Schlange
war das alchemistische Symbol der sich wandelnden Materie. Aller
Wahrscheinlichkeit nach
aufgrund ihrer Fähigkeit zur Häutung.
Die Schlange kann
mit ihrem Körper einen
Kreis bilden,
sie
ist also ein Symbol für die
Unendlichkeit,
die ständige
Wiederkehr und die Vereinigung der
dualen
Gegensätze. Sie zeigt,
dass jedes Ende einen Neuanfang verbirgt,
einen Kreislauf beinhaltet.
Das zeigt sich
z.B. in
den
Mondphasen, im
Leben-
Sterben- Wiedergeburt- Rhythmus
und in
den
Jahreszeiten.
In
der
germanische Mythologie ist
das Prinzip des Ouroboros als Welten- Schlange
Jörmungandr, Erd- um- Gürtlerin
bekannt.
Dieses als
Ungeheuer imponierende
Wesen wurde
von einer Riesin geboren und von dem Göttergeschlecht der Asen
letztlich
ins
Meer verbannt.
Die
Asen vermuteten, dass von Jörmungandr schlechtes
ausgehen würde und
da sie damit
Übles
für
ihre
Kinder
befürchteten. Nun
liegt
die Schlange im Ozean und beißt sich in den eigenen Schwanz. Dabei
umspannt sie die Menschenwelt Midgard, deshalb
wird
sie
auch Midgardschlange genannt. Sie ruht dort und soll
am Ende der Zeit ihrem Erzfeind Thor im Kampfe gegenüber treten. Bis
zu
diesem Zeitpunkt
bildet sie die äußere Begrenzung der Welt. Jörmungrundr ist ein
alter poetischer Name für die Erde, damit
ist
wieder eine Verbindung zur Ur-Mutter
und dem Anbeginn der Zeit gegeben.