Allgemeine Vorbemerkung
Traditionell
werden die meisten Göttinnen und Götter, wenn
sie
mit der Heilkunde oder der Geburtshilfe in
Verbindung gebracht
werden,
von Schlangen begleitet. Den römischen Heilgott Äskulap, Schutz
Patron
der Ärzte und
weiterer Heilberufe,
bekannt
durch
den
berühmten Äskulapstab, um den sich eine Schlange,
meist eine Natter
windet. Aber auch andere heil-orientierten
Branchen
im Bereich der Medizin benutzen
die
Schlangen
für ihre Berufs Symbole. Hier
sind die Heilpraktiker,
Hebammen, Apotheker und einige
mehr.
Die wichtigste
Ursache
dafür sehe
ich
in der ambivalenten Bedeutung
der Schlange. Sie
ist
einerseits zum Tod orientiert,
denn durch das
tödliches Gift einiger
Exemplare
assoziierte man diese
Schlangen
mit dem Jenseits, der
Andrswelt. Zum
anderen ist
die Schlange aber
auch als Heilerin bekannt.
So
gab es Kulten
und Sagen, in denen den Schlangen Heilkraft nachgesagt wurden.
Im Heilkult des Asklepios, Äskulap und der Hygieia spielten heilige Tempel Schlangen eine wesentliche Rolle. Diesen Tempel Schlangen opferten die Menschen Milch und Speisen, hegten und pflegten sie, damit sie für die Gesundheit der Tempelbesucher gnädig gestimmt waren.
Der
Legende nach hatte
Asklepios zwei Schalen mit Blut von
der
Medusa, ein
Ungeheuer mit Schlangenhaaren. Das Blut der einen Schale konnte
töten, das andere heilen oder gar Tote zum Leben erwecken. Ein
schöner
Metapher, ein
Ausdruck,
bei dem ein Wort aus seinem ursprünglichen
Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen wird, dies
ist
für die fließende Grenze zwischen tödlichem Gift und Heilmittel
sicher
der Fall.
Im Kult des phrygischen Gottes, die
Phryger ist
die griechische Bezeichnung eines indoeuropäischen Volkes, das im 8.
Jahrhundert v. Chr. in Anatolien ein großes Reich errichtet hatte.
Der
Gott dieses Volkes
Sabazios, Herr des Ackerbaus und der Heilkunst, sollte die furchtlose
Berührung der heiligen Schlange bereits
Heilung
bewirken. Sabazios stammt
aus dem altgriechisch,
auch Sabadios oder Sabazius, war ursprünglich
wahrscheinlich eine kleinasiatische phrygische oder phönizische
Gottheit.
Er
wurde von
den
Griechen und später
auch von den Römern
angenommene und mit Dionysos und Zagreus als
Gottheit
in Verbindung gebracht.
Einige Schlangenarten, wie die Vipern,
Kreuzotter, Aspisviper, waren als giftig bekannt. Somit
begann man schon in der Antike nach Heilmitteln zu suchen,
die dem Menschen nach Bissen dieser Schlangen helfen könnten.
Es gibt außerdem
kaum
eine Heilpflanze, der nicht irgendwie eine Wirkung gegen
Schlangenbisse nachgesagt wurde, meistens war das allerdings mehr
Wunschdenken.
Schlangengifte sind chemisch
gesehen komplexe
Eiweiß- Enzym- Gemische, die nicht nur die Lähmung oder den Tod
eines Beutetieres bewirken können,
sondern sie
beginnen auch
bereits
mit der
Vorverdauung um
der Schlange, die weder Arme noch Beine hat die Nahrungsaufnahme zu
erleichtern.
Die
Menschen
suchten
aber nicht nur Heilmittel gegen Schlangengifte, sondern sie
nutzten
die
Schlangen auch, um Krankheiten zu heilen. Da
die Schlange durch
die Fähigkeit sich zu häuten als unsterblich oder zumindest ewig
jung bleibend galt, hätten
auch die Menschen diese Eigenschaften gerne nutzen wollten.
So entwickelte man Jungbrunnen und Lebenselixiere mit
Schlangenteilen. Sowohl Hippokrates um
ca.
400 v. Chr.
und
auch Galenus 2. Jh.v.Chr.
werden Rezepte mit zerkleinerten oder ganzen Giftschlangen
nachgesagt.
Ein berühmtes mittelalterliches Heilmittel ist der so genannte
Theriak. Der Theriak galt als Gegenmittel gegen nahezu alle bekannten
Gifte, als Verjüngungselixier und Potenzmittel. Der
Theriak
ist ein Antidot aus
der Antike das
gegen tierische Gifte zusammengestellt
wurde und
aus vielen Zutaten bestehende. Im
Grunde ist die Basiszutat
Honig und meist sind
auch noch opiumhaltige
Arzneianteile
eingemischt,
die gerade
im
Mittelalter als kostspieliges Universalheilmittel gegen viele
Krankheiten und Gebrechen angewandt wurde.
Der Theriak enthielt mineralische, pflanzliche und tierische Inhaltsstoffe, auch Schlangenteile. Es gibt heute noch Menschen in den Alpen und Südosteuropa, die Heilgetränke und Pulver aus Schlangen herstellen. Dabei wird das tote Tier entweder in eine Flüssigkeit eingelegt, oder Kopf und/oder Schwanz der Schlangen verwendet, gekocht oder getrocknet und zu Pulver verarbeitet.
In
der traditionellen
chinesischen
Medizin sind Schlangenprodukte nach wie vor sehr beliebt. Zum Glück
für
die Tierwelt werden
diese
Heilmittel, dank des Artenschutzes, sogar
weltweit immer
seltener.
Die
moderne Pharmazie begann im
19. Jahrhundert erneut mit Schlangengiften zu experimentieren. Im
Zuge der Theorien zur Homöopathie Hahnemanns, fanden auch die
Schlangengifte einen Weg zurück in die Medizin. Einsatzgebiete
waren
Behandlungrn
von Herz-Kreislauf Erkrankungen,
Nervenleiden und Blutanomalien. Weiters
sagt man ihnen immunstimulierende und revitalisierende Kräfte nach.
Heute wird das rein
Gift
zur Herstellung von Antiseren, Gegengiften,
als Basis für Blutgerinnungstests sowie
zur Herstellung homöopathischer Arzneien genutzt.